Sepp Weiler: 100. Geburtstag am 22.1.2021
22.Januar 2021

Sepp Weiler: 100. Geburtstag am 22.1.2021

22
Januar
Erstellt von Presseteam SCW
Kategorie: Club-News, Skispringen
2021
22 .Januar 2021
Kategorie: Club-News, Skispringen
Erstellt von Presseteam SCW

Sepp Weiler 100 - In Willingen in guter Erinnerung
 
Sepp Weiler eroberte die Herzen der Willinger im Flug: Die Skisprung-Legende aus Oberstdorf, untrennbar mit den Namen Heini Klopfer, Toni Brutscher und später auch Max Bolkart verbunden, sprang im Training zum ersten Internationalen Skispringen auf der Mühlenkopfschanze am 13. Januar 1951 mit  101 Meter einen fantastischen Schanzenrekord. Sieben Jahre später klopfte er nach finanziellen Problemen mit einem Sportgeschäft in seiner Allgäuer Heimat bei Hans Schlömer, dem damaligen Präsidenten des Ski-Clubs Willingen an, und fragte: „Könnt ihr mir helfen?“ Willingen konnte – Sepp Weiler ließ sich mit seiner Familie für einige Jahre im Waldecker Upland nieder, nachdem ihm sogar aus der DDR vom dortigen Skiläuferverband und aus den USA, wo er Skilehrer werden sollte, spontan Hilfe angeboten worden war.
Am 22. Januar wäre Weiler 100 Jahre alt geworden. Im Internet stößt man noch heute auf Autogrammkarten und Fotos von ihm, die käuflich zu erwerben sind. Wikipedia schildert seinen sportlichen Werdegang. Willingen wird in diesem Zusammenhang allerdings nicht erwähnt. Dabei wurde auch eine seiner zwei Töchter im Upland geboren. Weilers Enkel Frank Löffler schaffte den Sprung in die Nationalmannschaft und startete auch beim Weltcup auf der Mühlenkopfschanze. Der Altmeister selbst war vor seinem Tod an einem Krebsleiden 1997 noch einmal zum Weltcup an die größte Großschanze der Welt gekommen, hatte alte Freunde im Upland  besucht und die „Free Willis“ für ihren Einsatz für das Skispringen gelobnt.
In Willingen war Weiler anders als nach seiner Pleite in Oberstdorf sehr beliebt, übernahm zunächst eine Skihütte am Ettelsberg, bewirtete sie alleine, ehe er seine Familie nachholte. Eine seiner beiden Töchter ist im Upland geboren. Eine lebt heute noch in Brilon und ist in Willingen als Skilehrerin aktiv. Sohn Bernd litt eher unter als junger Bub dem Umzug aus Bayern nach Nordhessen. Als die Skihütte eines Nachts mit über 60 seiner Pokale als Zeugen der Weilerschen Erfolge abbrannte, aber einige Ordner mit Zeitungsausschnitten und Fotos aus der aktiven Zeit den Brand überstanden, sollte der Filius die Dokumente eigentlich vernichten. Der bewahrte jedoch die interessantesten Berichte auf und veröffentlicht sie heute bei Facebook, um das Lebenswerk des Papas nachzuzeichnen. Bernd Weiler macht zudem als „Rentner“, wie er schreibt, HOME- MUSIK aus Oberstdorf im Netz.
Auch mit einem Hotel im Stryck hatte Sepp Weiler nach dem Pech mit der Skihütte wenig Glück. Er hatte noch einige, wenige Fürsprecher in der alten Heimat, ging ins Allgäu zurück und übernahm den später zur Gaststätte umgebauten Kiosk an der Flugschanze im Birgsautal, die nach ihrem Architekten Heini Klopfer benannt  und als „Fingerzeig Gottes“ bezeichnet wurde. Das Trio Klopfer, Brutscher, Weiler hatte das Projekt durchgesetzt, bunte Tücher und Autogrammkarten dafür verkauft und so 40.000 D-Mark eingespielt. Immer wenn Skifliegen war, traf sich Weiler mit alten Kameraden. Dort besuchten ihn auch seine Freunde aus Willingen, nachdem er auch dort und beim Hessischen Skiverband für einige Zeit als Trainer aktiv war und sich um Talente kümmerte.
Er galt als einer der weltbesten Adler, wobwohl ihm der ganz große Triumph aufgrund der widrigen  Zeitumstände versagt geblieben ist.1940 und 1944 fielen die Olympischen Spiele wegen der Kriegswirren aus, 1948 durften deutsche Sportler noch nicht wieder daran teilnehmen. 1952 kam Weiler in Oslo mit 31 Jahren als Favorit zum ersten Olympiastart, hatte wohl verwachst, wie er sagte,  und landete „nur“ auf Platz 8. Bei der WM 1941 in Cortina d ´Àmpezzo erzielte er die größten Weiten, wurde aber von den lokalen Kampfrichtern auf Platz vier verbannt. Die FIS annullierte die Titelkämpfe später und führte fortan fünf Sprungrichter ein.
Als Soldat an der Ostfront hatte der Skispringer durch einen Granatsplitter die Sehkraft seines linken Auges verloren,  gab aber das Skispringen deshalb nicht auf. In seiner besten Saison 1948/49 hat er 35 der 36 Wettbewerb, an denen der teilgenommen hatte, für sich entschieden.Viele Auszeichnungen, wie das Silberne Lorbeerblatt wurden ihm zuteil, obwohl er auch ein bunter Hund gewesen ist, der um sein gutes Aussehen wusste, als Amateur für Werbezwecke  posierte oder auch für einen Skisprungfilm den Schauspieler Adrian Hoven auf der Schanze doubelte. Zuletzt monierten einige Urlauber aus dem Norden Deutschlands, dass es an der  Flugschanze im Allgäu aktuell kaum noch Hinweise auf den Mann gibt, der für sie ein Idol gewesen ist und immer noch trotz der anderen Helden seiner Zeit oder dem neuen Vorspringer Karl Geiger ein bundesweit bekanntes Idol geblieben ist.
Was sich jetzt wieder ändern soll. Zwischen der Vierschanzentournee 2020 und der Heim-WM 2021 wird der Ski-Club Oberstdorf auch auf Initiative seines langjährigen Topfunktionärs Franz Bisle den 100. Geburtstag zum Anlass nehmen und Sepp Weiler wieder den Platz in der Erinnerung und an der großen Schanze einräumen, den er im Ski-Club und in der Marktgemeinde im Allgäu verdient hat.

Foto: Bundesarchiv, Bild 183-18379-0011 / Quaschinsky, Hans-Günter